
AG Experimentelle Okuläre Onkologie
Arbeitsgruppe Experimentelle Okuläre Onkologie
Die AG Experimentelle Okuläre Onkologie fokussiert sich auf die Erforschung molekularer und zellulärer Pathomechanismen sowie innovativer Behandlungsmöglichkeiten von okulären Tumoren, wie das uveale Melanom. Die Etablierung neuer Therapieansätze könnte eine adäquate lokale Tumorkontrolle ermöglichen und zur Erhaltung des Augenbulbus beitragen, wodurch potenziell neue Horizonte in der adjuvanten Behandlung des fortgeschrittenen uvealen Melanoms eröffnet werden.
Das uveale Melanom (UM) ist eine relativ seltene Erkrankung, die jedoch der häufigste intraokulare Tumor bei Erwachsenen darstellt. Es hat eine hohe Tendenz, hämatogen zu metastasieren, wobei am häufigsten die Leber, aber auch eine Vielzahl von anderen Organen wie Lunge und Knochen betroffen sein können, was zu einer hohen Mortalitätsrate führt.
Die aktuellen Behandlungsmöglichkeiten für das uveale Melanom umfassen die Brachytherapie oder Teletherapie sowie die Tumorresektion durch transsklerale Resektion, Endoresektion oder Enukleation. Trotz anfänglich zufriedenstellender lokaler Tumorkontrolle bleiben die Metastasierungs- und Mortalitätsraten hoch. Die mit Metastasen assoziierte Mortalität bei Patienten mit UM liegt etwa bei 50% innerhalb von 10 Jahren nach der Diagnose des Augentumors, unabhängig von der Art der Behandlung. Aus diesen Gründen ist ein tieferes Verständnis der Metastasierungsmechanismen notwendig und die Untersuchung neuer zuverlässiger in-vivo-Modelle und deren Einsatz in der Entwicklung innovativer therapeutischer Strategien ist dringend erforderlich.
Forschungsprojekte
Hochspannungs-Impuls-Elektrofelder können die Bildung von wässrigen Nanoporen in der Zellmembran induzieren und die Permeabilität der Plasmamembran erhöhen. Dieses Phänomen ist auch als Elektroporation bekannt. Reversible Elektroporation und damit die vorübergehende Zellpermeabilität ermöglicht die Diffusion von schwer oder nicht durchlässigen Medikamenten, wie den Chemotherapeutika Bleomycin und Cisplatin, in das Zellplasma. Diese Kombination, auch als Elektrochemotherapie bezeichnet, ermöglicht die Anwendung deutlich niedrigerer Chemotherapiedosen aufgrund des lokal verstärkten zytotoxischen Effekts der Wirkstoffe.
Darüber hinaus wurde die Elektroporation in Kombination mit Calciumionen (CaEP) als eine neuartige Tumortherapie, mit dem Fokus auf die Vermeidung der schädlichen systemischen Effekte von Chemotherapeutika, suggeriert. Der erhöhte Zustrom von Calciumionen führt zu einer intrazellulären Calciumüberladung, die zum Zelltod von Krebszellen führen kann, ohne benachbarte Strukturen und Zellen signifikant zu schädigen. Zudem wurden Störungen der Calciumhomöostase in Krebszellen beobachtet, die zu schädlichen Effekten führen können, einschließlich mitochondrialer Dysfunktion und akuter ATP-Depletion. Obwohl die Elektrochemotherapie bereits als adjuvante Therapiemöglichkeit für solide Tumoren, einschließlich des kutanen Melanoms, etabliert ist, wurde die Modalität für ihre Anwendung und Wirksamkeit beim uvealen Melanom bislang nicht ausreichend erforscht.
Der Einsatz der CaEP oder der ECT haben wir in vitro in 2D und 3D Zellkulturen als auch in vivo an aus Patienten-abgeleiteten-Xenograftmodellen untersucht. Unsere Ergebnisse sprechen für den Einsatz der CaEP oder der Elektrochemotherapie als wirksame adjuvante Behandlungsmodalitäten für das uveale Melanom hinsichtlich des Effektes auf das melanozytäre Wachstum und die Expansion der erzeugten Tumoren sowie ihre proliferative oder apoptotischen Rate und Vaskularisation.
Gesunde und pathologisch veränderte Zellen des Körpers setzen extrazelluläre Vesikel (EVs) (z.B. Exosome) frei, welche eine Vielzahl an Botenstoffen wie Proteine, Nukleinsäuren und Lipiden beinhalten. Exosome sind in zahlreichen physiologischen und pathologischen Funktionen involviert und spielen eine wichtige Rolle als Mediatoren in der Zell-Zell-Kommunikation. Die Analyse von Oberflächenproteinen, Nukleinsäuren z.B. Protein-kodierender RNA, oder microRNA der Exosome könnte zu der Etablierung neuer prognostischer und diagnostischer Biomarker aufgrund deren biologischen Eigenschaften führen.
EVs können potentiell jedoch nicht nur als diagnostische Marker, sondern auch als ein neuer immuntherapeutischer Ansatz oder als ein „Drug Delivery System“ (DDS) verwendet werden. Sie können physiologische Prozesse wie die Immunantwort oder die Progression einer Krankheit oder eines Tumors steuern, indem sie in Abhängigkeit von ihrer spezifischen Fracht die Empfängerzellen in der Zell-Zell-Interaktion funktionell beeinflussen können.
Wir erforschen die Applikation von EVs aus diversen Zelllinien oder Patiententumoren als Vehikel bzw. DDS für den gezielten Transport antitumoraler Arzneistoffe wie Chemotherapeutika und Immunmodulatoren. Ein DDS ist eine Behandlungsmethode, die die Eigenschaft von Exosomen nutzt, um Materialien, wie Proteine, Nukleinsäure, Fette und Arzneistoffe, von einer Zelle zu einer bestimmten anderen Zelle zu transportieren. Da es sich bei den Exosomen um Biomoleküle handelt, könnte eine Behandlung mittels DDS weniger toxisch sein als die bisherige medizinische Transportmethode mit Nanopartikeln. Ein DDS kann Medikamente ins Gewebe übertragen, die mit bisherigen Methoden nur schwer zu erreichen sind. Aus diesen Gründen bestehen bei dieser Methode große Hoffnungen auf ein leistungsstarkes Transportmolekül. Das Prinzip ist ähnlich wie bei der Elektroporation, die den intrazellulären Transport von Arzneimitteln ermöglicht, die sonst die Zellmembran nicht durchdringen könnten.
DECODE-UM (Decoding the cellular ecosystem of uveal melanoma for monitoring and therapeutic targeting) ist eine interdisziplinäre und translationale Zusammenarbeit führender UM-Experten und Krebsforscher, die gemeinsam alle erforderlichen Kernkompetenzen abdecken, die für die erfolgreiche Umsetzung eines interdisziplinären Projekts notwendig sind, und die Gewährleistung der Rekrutierung der Patienten sicherstellen.
Wir haben Proben von UM-Patienten einer umfassenden molekularen Analyse unterzogen, einschließlich Genom- und RNA-Sequenzierung sowie eine genomweite DNA-Methylierungsanalyse bei präselektierten Proben von Patienten mit uvealem Melanom, die eine endo-/transsklerale Resektion nach Strahlentherapie oder eine Enukleation erhalten, durchgeführt. Für eine Biopsie-freie, nicht-invasive prognostische Testung führen wir ebenfalls eine tiefe Sequenzierung mittels Panel-NGS von zellfreier DNA (ctDNA) durch, die aus dem Blut von UM-Patienten unter Strahlentherapie isoliert wird. Die ctDNA wird durch tiefes Amplicon-Sequencing analysiert und zielt auf onkogene Mutationen in den GNAQ und GNA11 Genen ab. Um spezifisch immunregulatorische Mechanismen zu untersuchen, die auch zur Identifizierung neuer immuntherapeutischer Strategien genutzt werden könnten, konzentrieren wir uns auf die Analyse von drei Subpopulationen, die malignen Melanomzellen, die myeloischen Zellen und die T-Zellen. Diese Populationen scheinen bei dem uvealen Melanom durch relevante molekulare und immunologische Prozesse, Ziel effektiver immuntherapeutischer Strategien zu sein.
Das Projekt wird durch ein DKTK Joint Funding Program (DKTK, Deutsches Konsortium für Translationale Krebsforschung, DKFZ, Deutsches Krebsforschungszentrum) gefördert.
Team der Forschungsgruppe
Arbeitsgruppenleitung

Univ.-Prof. Dr. med.
Miltiadis Fiorentzis, FEBO, FICO
Leitung
Wissenschaftliche Mitarbeiter

Dr. med.
Theodora Tsimpaki
Wissenschaftliche Mitarbeiterin

M.Sc.
Ralitsa Anastasova
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Technische Assistenz

M.Sc.
Azin Yousefiboroujeni
Technische Assistenz
Ausgewählte Publikationen
Übersicht über aktuelle Publikationen:
- Sokolenko EA, Flühs D, Lalos F, Meyer P, Fiorentzis M, Lindziute M, Gemmecke J, Berchner-Pfannschmidt U, Hendgen-Cotta U, Bechrakis NE, Tsimpaki T, Dubicanac M, Wißmann A, Hilken G. Wolfram-silicone implants as effective radiation shielding for ocular brachytherapy: dosimetric features and in vivo animal study on biocompatibility. Can J Ophthalmol. 2024 Oct;59(5):e515-e524.
- Liu H, Tsimpaki T, Anastasova R, Bechrakis NE, Fiorentzis M, Berchner-Pfannschmidt U. The Chick Chorioallantoic Membrane as a Xenograft Model for the Quantitative Analysis of Uveal Melanoma Metastasis in Multiple Organs. Cells. 2024 Jul 9;13(14):1169.
- Anastasova R, Fiorentzis M, Liu H, Dalbah S, Bechrakis NE, Seitz B, Berchner-Pfannschmidt U, Tsimpaki T. Electroporation with Calcium or Bleomycin: First Application in an In Vivo Uveal Melanoma Patient-Derived Xenograft Model. Pharmaceuticals (Basel). 2024 Jul 7;17(7):905.
- Tsimpaki T, Anastasova R, Liu H, Seitz B, Bechrakis NE, Berchner-Pfannschmidt U, Kraemer MM, Fiorentzis M. Calcium Electroporation versus Electrochemotherapy with Bleomycin in an In Vivo CAM-Based Uveal Melanoma Xenograft Model. Int J Mol Sci. 2024 Jan 11;25(2):938. doi: 10.3390/ijms25020938.
- Farhoumand LS, Liu H, Tsimpaki T, Hendgen-Cotta UB, Rassaf T, Bechrakis NE, Fiorentzis M, Berchner-Pfannschmidt U. Blockade of ß-Adrenergic Receptors by Nebivolol Enables Tumor Control Potential for Uveal Melanoma in 3D Tumor Spheroids and 2D Cultures. Int J Mol Sci. 2023 Mar 20;24(6):5894.
- Tsimpaki T, Bechrakis NE, Seitz B, Kraemer MM, Liu H, Dalbah S, Sokolenko E, Berchner-Pfannschmidt U, Fiorentzis M. Chick Chorioallantoic Membrane as a Patient-Derived Xenograft Model for Uveal Melanoma: Imaging Modalities for Growth and Vascular Evaluation. Cancers (Basel). 2023 Feb 24;15(5):1436.
- Farhoumand LS, Fiorentzis M, Kraemer MM, Sak A, Stuschke M, Rassaf T, Hendgen-Cotta U, Bechrakis NE, Berchner-Pfannschmidt U. The Adrenergic Receptor Antagonist Carvedilol Elicits Anti-Tumor Responses in Uveal Melanoma 3D Tumor Spheroids and May Serve as Co-Adjuvant Therapy with Radiation. Cancers (Basel). 2022 Jun 23;14(13):3097.
- Kraemer MM, Tsimpaki T, Berchner-Pfannschmidt U, Bechrakis NE, Seitz B, Fiorentzis M. Calcium Electroporation Reduces Viability and Proliferation Capacity of Four Uveal Melanoma Cell Lines in 2D and 3D Cultures. Cancers (Basel). 2022 Jun 11;14(12):2889.
- Sokolenko EA, Berchner-Pfannschmidt U, Ting SC, Schmid KW, Bechrakis NE, Seitz B, Tsimpaki T, Kraemer MM, Fiorentzis M. Optimisation of the Chicken Chorioallantoic Membrane Assay in Uveal Melanoma Research. Pharmaceutics. 2021 Dec 22;14(1):13.
- Fiorentzis M, Sokolenko EA, Bechrakis NE, Ting S, Schmid KW, Sak A, Stuschke M, Seitz B, Berchner-Pfannschmidt U. Electrochemotherapy with Bleomycin Enhances Radiosensitivity of Uveal Melanomas: First In Vitro Results in 3D Cultures of Primary Uveal Melanoma Cell Lines. Cancers (Basel). 2021 Jun 21;13(12):3086.
- Fiorentzis M, Katopodis P, Kalirai H, Seitz B, Viestenz A, Coupland SE. Image Analysis of 3D Conjunctival Melanoma Cell Cultures Following Electrochemotherapy. Biomedicines. 2020 Jun 13;8(6):158.
- Fiorentzis M, Viestenz A, Seitz B, Coupland SE, Heinzelmann J. Electrochemotherapy in 3D Ocular Melanoma Spheroids using a Customized Electrode. J Vis Exp. 2020 Apr 21;(158). doi: 10.3791/60611. PMID: 32421010.